ein Jahr Notationen zu Ausstellungen 2013



ein Jahr Notationen zu Ausstellungen 2013 - Detail



Archiv Einladungen 2013



Archiv Einladungen 2013 - Detail



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Vitrine mit Terminbüchern ab 1986

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Notationen

Jeder, der in Berlin zu Vernissagen geht um Kunst zu sehen, zu entdecken, ist mit Sicherheit im Laufe der Zeit Hubi W. Jäger begegnet, denn HWJ sieht sehr viel - rund 750 Ausstellungen im Jahr. Man sieht ihn dann Notizen machen, meist auf kleinen hemdtaschengerechten Handzetteln und fragt sich was da wohl notiert wird. Mancher unterhält sich mit ihm und stellt fest, dass er auf ein lebendes Berlin-Kunst-Archiv getroffen ist.
Für Hubi W. Jäger selbst, ist es Dokumentation, ein Blick auf den Berliner Ausstellungsbetrieb, vor allem auf die Künstler und deren Werke, die Galerien, die kommen und gehen. Ein sicherlich obsessiver Blick auf die Kunstszene – aber eine künstlerische Arbeit?
Es gibt eine Reihe von Menschen, oft selbst Akteure und Insider, die der Meinung sind, dass dies eine grossartige künstlerische Arbeit darstellt und unbedingt gezeigt werden muss. Dieses obsessive Schauen, das Sammeln von Terminen, Einladungen, Karten, Texten, das Erstellen eines möglichst umfassenden Archivs und die vielen Notizen zu den einzelnen besuchten Ausstellungen gelten ihnen als performativer Akt, Aktion, als künstlerische Handlung, seine Obsession als k&uunstlerische Triebfeder. Sie sind angesichts der langen Jahre in denen Hubi W. Jäger diese Tätigkeit betreibt äusserst beeindruckt und überzeugten ihn diese Präsentation zu realisieren - ein Jahr.
Immerhin umfasst HWJs Ausstellungsarchiv eine Zeitspanne von rund 35 Jahren, die Notizen begannen vor rund 30 Jahren und werden kontinuierlich fortgesetzt, Terminbücher, anfangs Listen, gibt es seit 1987.
Archive und das Arbeiten mit Archiven ist seit einigen Jahren in den künstlerischen Fokus gerückt und Teil der künstlerischen Praxis geworden, Harun Farocki hat sein filmisches Schaffen als Archiv angelegt, er ist wie Alexander Kluge mit dessen "Nachrichten aus der ideologischen Antike" auf der "All the worlds futures" Biennale in Venedig vertreten, auch Taryn Simon arbeitet archivarisch und Zielonys Zeitungsdokumentation im deutschen Pavillon kann ebenso eingeordnet werden. Bei der letzten BerlinBiennale benutzte Atoui das Musikinstrumentenarchiv des Ethnologischen Museums für seine Arbeit. Auch Gerhard Richter erstellt in den 70er/80er Jahren seinen „Atlas“ - ein Bild/Foto-Archiv, so wie viele Künstler eines haben. Aby Warburg lässt sich vielleicht als Vater des künstlerischen Archivs in der Moderne betiteln. Die Reihe liesse sich leicht erweitern.
Was gibt es nun real zu sehen?
Zunächst, aus der Ferne, nimmt man eine transparente schwebende Wolke wahr, viele Plastikorderhüllen füllen den Raum, aus der Nähe erkennt man in jeder einzelnen Notizzettel, von kleinen Schnipseln bis zu mehrseitigen A4 Blättern, 176 Hüllen für die ebenso vielen Tage des Jahres 2013 an denen HWJ unterwegs war in "Sachen Kunst". In kleinster fiebriger Schrift darauf die "Notationen", grün die Künstlernamen und Galerien, schwarz die Kommentare, rote Markierungen für das was besonders gefallen hat oder für Parties bei Kunst, Mode, Film oder anderen "wichtigen" Ereignissen.
Daneben gibt es die Archivkisten 2013 mit all den chronologisch geordneten Einladungskarten, Galerietexten, Pressemappen. Diese stehen zum Blättern und Nachlesen zur Verfügung, ein nachträglicher "Rundgang" durch ein Berliner Kunstjahr, viele Ausstellungen lassen sich hier nochmals erkunden.
Auf einer Stele dann das aufgeschlagene Terminbuch mit den vielen Daten und Orten jedes Tages, die er akribisch und umfassend aus verschiedenen Quellen zusammen getragen hat. Eine Dia-Schau zeigt jede einzelne Seite daraus. Und in einer Vitrine seine 30 bisherigen Terminlisten/bücher.
So schliesst sich der Kreis - Sammeln der Termine - Sammeln und Archivieren der Informationen - persönliche Notationen vor Ort. Das ganze auch ein Rechercheinstrument – innerhalb dieser Dreiteiligkeit. Aber auch eine sinnliche Installation.


Eine Installation im "Joao Cockteau" (Berlin) 2014
und ein weiteres Mal in der "Vitrine-FN" 2015